Bandscheibenvorfall tritt am häufigsten im Bereich der Lendenwirbelsäule auf.
Jan Deichmann

Jan Deichmann

Bandscheibenvorfall

Bei der sogenannten Bandscheibe oder Zwischenwirbelscheibe handelt es sich um eine flexible, faserknorpelige Struktur, die jeweils zwischen zwei benachbarten Wirbelkörpern sitzt. Bandscheiben verbinden die Wirbel vom zweiten Halswirbel bis runter zum Kreuzbein. Teilweise bestehen als Normvariante auch Bandscheiben zwischen nicht fusionierten Kreuzbeinwirbeln. In der Regel besitzt der Mensch 23 Bandscheiben. Sie machen etwa ein Viertel der Länge der Wirbelsäule aus, wobei ihre Höhe im Laufe der Jahre abnimmt.

Die Bandscheiben sind in Höhe der Halswirbelsäule circa 3 mm dick, im Bereich der Brustwirbelsäule circa 5 mm und im Bereich der Lendenwirbelsäule circa 7 mm. Sie sind keilförmig aufgebaut. Diese Zwischenwirbelscheiben bestehen aus zwei Hauptanteilen, zum einen der äußere Faserring auch Anulus fibrosus genannt, so wie der innere Gallertkern, auch Nucleus pulposus genannt. Der äußere Faserring besteht aus verschiedenen Schichten von kollagenem Bindegewebe, welche in etwa wie ein Meniskus aufgebaut sind. Der innere Gallertkern ist ein zellarmes Gewebe, welches hauptsächlich aus Wasser besteht. Es unterscheidet sich durch einen anderen Kollagentyp vom äußeren Ring.

Im Laufe eines Tages kann durch Dauerbelastung ein reversibler Flüssigkeitsverlust der Bandscheiben auftreten, wodurch die Körpergröße des Menschen um 1 bis 2 cm abnehmen kann. Im Liegen in der Schlafphase nehmen die Galakerne wieder Flüssigkeit auf, und der Längenverlust wird wieder ausgeglichen.

Die Bandscheiben dienen als Druckaufnehmer und zur Herstellung der Beweglichkeit der Wirbelsäule. Dies bedeutet, dass eine junge Wirbelsäule mit gesunden Bandscheiben deutlich beweglicher ist als eine ältere. Die Bandscheiben verteilen das einwirkende Gewicht gleichmäßig auf die angrenzenden Wirbelkörper. Bei körperlicher Belastung und beim Heben können Drücke auf die Bandscheibe einwirken, welche ein vielfaches des Körpergewichtes betragen. Dabei ist das Zusammenspiel vom äußeren Faserring und inneren Gallertkern enorm wichtig, hier liegt der Knackpunkt bei möglichen Funktionsstörungen.

Man unterscheidet bei den pathologischen Veränderungen an der Bandscheibe drei Varianten. Zum ersten die Bandscheibenprotrusion, bei dieser handelt es sich um ein so genanntes Hervortreten der Bandscheibe, jedoch ohne eine Durchdringung des äußeren Faserrings. Bei einem Bandscheibenvorfall wird dieser äußere Faserring vom inneren Gallertkern durchdrungen. Dieser Vorfall kann dann in den Rückenmarkskanal vordringen und Nervenwurzeln irritieren. Als dritte Variante gibt es einen Bandscheibensequester. Hierbei löst sich ein Teil des Kerns und tritt nun zum Teil tropfenförmich in den Wirbelkanal ein.

Klinisch lassen sich diese drei Varianten nicht voneinander unterscheiden, auch ein eine kleine Bandscheibenprotrusion kann austretende Nervenwurzeln irritieren. Je nach Lage können Nervenwurzeln berührt oder zum Teil gequetscht werden. Dieses macht sich in unterschiedlichen Symptomen bemerkbar. Die Symptome können von Missempfindungen im Sinne von Kribbeln bis hin zu Taubheitsgefühl in den Armen oder Beinen reichen. Häufig sind diese Symptome vergesellschaftet mit starken Schmerzen. Bei der ausgeprägtesten Variante kommt es zu Lähmungen der Muskulatur. Größere Bandscheibenvorfälle oder -sequester können sogar den gesamten Rückenmarksschlauch betreffen. Dieses kann so weit gehen, dass Stuhl- oder Harninkontinenzen auftreten, dieses ist eine Notfallindikation für eine Operation.

Ein Bandscheibenvorfall tritt am häufigsten im Bereich der Lendenwirbelsäule auf. Gefolgt von der Halswirbelsäule. Bandscheibenvorfälle im Bereich der Brustwirbelsäule sind äußerst selten und zeigen selten Symptome.

Sehr viele Bandscheibenvorfälle bleiben unentdeckt, da sie häufig nicht auf das Rückenmark oder die Nervenwurzeln drücken. Ein Bandscheibenvorfall ohne Verdrängung der Nervenwurzel ist daher auch nicht schmerzhaft. Bandscheibenvorfälle durch Unfälle sind extrem selten, viel häufiger treten diese als natürlicher Verschleiß auf. Die Frage nach Risikogruppen ist äußerst schwierig zu beantworten, es werden aber anlagebedingte Bindegewebsschwächen als eine mögliche Ursache diskutiert. Auch können übermäßige körperliche Belastungen sicherlich eher zu einem Bandscheibenvorfall führen. Auch Fehlstellung an der Wirbelsäule, wie die sogenannte Skoliose oder übermäßig starke Krümmungen, können eine Rolle in Bezug auf das Auftreten von Bandscheibenvorfällen spielen.

Das wichtigste Werkzeug zum diagnostizieren eines Bandscheibenvorfalls ist nach wie vor die körperliche Untersuchung. Diese sollte durch einen erfahrenen Arzt durchgeführt werden. Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule können sich häufig als Schulter-, Arm oder Handschmerz bemerkbar machen, wodurch der Untersucher leicht auf eine falsche Fährte gelockt werden kann. Auch Bandscheibenvorfälle der Lendenwirbelsäule können sich zum Teil maskieren. Dabei kommen zum Teil Hüft-, Knie- oder Fußschmerzen vor, ohne dass dabei ein Rückenschmerz besteht. Daher ist eine gründlich durchgeführte klinische Untersuchung äußerst wichtig. Hierbei können durch verschiedene Funktionstest Bandscheibenvorfälle relativ genau diagnostiziert werden.

Zusätzlich sollte immer eine so genannte neurologische Untersuchung durchgeführt werden. Hierbei werden Muskelkraft, Reflexe und die Sensibilität überprüft. Wichtige sogenannte Differenzialdiagnosen sind zum Beispiel arterielle Verschlusskrankheiten, welche ebenfalls Schmerzen in den Beinen verursachen können. Auch der Hüft– oder Kniegelenksverschleiß kann ähnliche Symptome wie ein Bandscheibenvorfall hervorrufen. Rückenschmerzen können ebenfalls durch einen Verschleiß der Zwischenwirbelgelenke oder des Iliosakralgelenkes hervorgerufen werden. Diese Arthrosen können ebenfalls auf das Rückenmark oder die Nerven drücken und so ähnliche Symptome wie ein Bandscheibenvorfall hervorrufen.

Ebenfalls können nach einer Bandscheibenoperation Narbenbildungen auftreten, welche einen Nerven ebenfalls einengen. Im Zweifelsfalle sollte zusätzlich noch ein Neurologe eingeschaltet werden, um seltenere neurologische Erkrankung auszuschließen.

Besteht klinisch ein dringender Verdacht für einen Bandscheibenvorfall, sollte die weitere Diagnostik eingeleitet werden. Hierbei ist die MRT die genaueste Untersuchung. Alternativ kann auch eine Computertomografie durchgeführt werden, diese sollte aufgrund der Strahlenbelastung jedoch nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden. Dieses kann zum Teil notwendig sein, wenn der Patient einen älteren Herzschrittmacher trägt. Als eine weitere, jedoch äußerst durch selten durchgeführte diagnostische Methode gibt es noch die Myelografie, hierbei wird ein Kontrastmittel in den Liquorraum gespritzt und ein Röntgenbild gemacht.

Ist der Bandscheibenvorfall diagnostiziert kommen verschiedenste therapeutische Optionen infrage. Diese gehen von einer Schonung, und krankengymnastischer Behandlung bis hin zu einer Operation. Hierbei muss jedoch immer unterschieden werden, ob es sich um eine höhergradige Einengung des Nervens handelt welche akut behandelt werden muss.

Die Tendenz zur Operation ist inzwischen sehr rückläufig. Falls keine akuten Lähmungen auftreten, ist die Tendenz zur konservativen Therapie gegeben. Hierbei können unter anderem computertomographiegesteuerte Spritzen an den Bandscheibenvorfall eine deutliche Linderung bringen. Bei dieser so genannten PRT wird am Computer die exakte Tiefe des Bandscheibenvorfalls bestimmt, und die Injektionsnadel exakt an die Nervenwurzel, beziehungsweise den Bandscheibenvorfall gebracht. Hier kann nun das Medikament gezielt eingespritzt werden. In der Regel wird ihr ein Schmerzmittel und Cortison gegeben, jedoch gibt es hier auch alternative Methoden wie zum Beispiel eine Eigenbluttherapie, bei der zum Beispiel das aufbereitete eigene Serum gespritzt wird.

Als weitere Maßnahmen, welche ergänzend durchgeführt werden sollten, ist die Physiotherapie, die manuelle Therapie und die Osteopathie ein weiterer Baustein. Akut ist ebenfalls eine Schmerztherapie, entweder durch Spritzen oder Tabletten ein wichtiger Punkt, da hierdurch der Musektonus herabgesetzt werden kann und der Druck auf die Bandscheiben nachläßt.

Die Ausheilung eines Bandscheibenvorfalls kann bis zu drei Monaten dauern. Es können jedoch auch chronische Verläufe auftreten, bei denen eine längerfristige Irritation des Nervens auftritt. Je nach Verlauf muss hier über eine operative Versorgung nachgedacht werden. Als eine sehr neue und noch nicht tiefergehend erforschte Methode kommt seit kurzem immer mehr eine Behandlung mit der so genannten fokussierten Stoßwelle ins Gespräch. Die Forschung in Bezug auf die Bandscheiben steckt hier jedoch noch in den Kinderschuhen, jedoch zeigen sich erste vielversprechende Ergebnisse. Die Stoßwellentherapie ist in vielen Bereichen bereits seit vielen Jahren eine bewährte und nahezu nebenwirkungsfreie Methode.

Falls bei Ihnen Rückenschmerzen bestehen, oder ein Bandscheibenvorfall schon diagnostiziert wurde, können Sie gerne einen Termin in unserer Praxis vereinbaren, um ein für sie zutreffendes Behandlungskonzept zu erstellen.

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